Kipf on road
Die Geschichte von der Erfindung des Stolperschwengels


          Bald, gar zu bald hat unsere hastige, schnellebige Welt ihn wieder vergessen: Albert Kipf , den Erfinder des überall auf der Welt und von allen Rassen und Hautfarben benutzten Stolperschwengels. Nur wenigen Alten noch ist die Geschichte von der Erfindung dieses lustigen Instruments in Erinnerung, mutet sie doch uns moderne Menschen in unserer technifizierten Welt geradezu über die Maßen schlicht und sensationslos an:
          Eines jeden Morgens und zur selben Minute begibt sich Oberstudienrat Mickenburg auf den Weg zu seiner Schule. Und jeden Morgen begrüßt ihn sein Kollege Kipf am großen Rondell im Schloßpark, den sie alsdann gemeinsam durchqueren. Stets weiß Kipf ein derbes Späßchen, über das er dann auch stets selbst laut und schallend lacht. Längst ist der unentwegt plaudernde und kichernde Kipf kein unumgängliches Ärgernis mehr für den in sich gekehrten Mickenburg, der es am frühen Morgen eher vorzieht, still und besonnen über den kommen den und all die vergangenen Tage nachzusinnen. Im Gegenteil: vom endlosen Redeschwall des Kollegen läßt er sich geradezu wohlig einlullen und hängt träge seinen Betrachtungen nach.
         So ist er auch maßlos erstaunt, als Kipf eines Morgens n i c h t am Kreuzweg auftaucht. Bedrückt wechselt er von einem Bein aufs andere, neigt den Kopf in diese und jene Richtung und setzt sich schließlich resigniert wieder in Bewegung.
          Störend laut scheint ihm nun das Gepfeife der Vögel, kreischend gellt das Rauschen der Baumwipfel in seinen Ohren, als er mit hastigem Schritt dem Tore zustrebt, das hinausführt auf den Rathausplatz, an dem das Schulhaus mit seinen sicheren Fluren und gewohnten Geräuschen wartet. Er ist in solch flüchtender Eile, daß er das plötzliche Rascheln und Knacken in den Büschen zu seiner Rechten garnicht gewahr wird, aus denen stapfend und prustend Albert Kipf hervorbricht, weit ausholend mit einem meterlangen Holzschwengel. Mit dumpfem 'Klong' schleudert das Rundholz an Mickenburgs dürre Schienbeine. Völlig erschrocken und mit schmerzverzerrtem Gesicht macht er einen Satz in die Höhe und kommt gerade wieder auf den Boden zu stehen, als der Schwengel unter dem Johlen und Röhren Kipfs ein zweitesmal auf die berstenden Knochen fährt. Gurgelnd kippt Mickenburg vornüber und zieht im Fallen, während sich das Gesicht schon in den Schotter des Kiesweges bohrt, die schmerzenden Beine an.
          Wenn auch in diesem Moment eine langjährige Freundschaft zerbricht, so ist doch nicht zu leugnen, daß in ebendiesem Augenblick eine bahn- und knochenbrechende Erfindung ihren heiteren Siegeszug rund um die Welt antritt...

EINSVOR
RETOUR
ANFANG
INHALT
EMAIL

[ h a r d b l a s d i g     35 ]